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Beliefs & Values

Werke sind grösser als ihre Urheber

By 2024-08-27No Comments

Werke sind grösser als ihre Urheber

 

Das ist meine Behauptung, aber was meine ich mit Werk? Lass uns den Begriff genauer definieren.

Definition & Beispiele von Werk

Das Werk von dem ich rede, definiert der Duden wie folgt:

  1. einer bestimmten [größeren] Aufgabe dienende Arbeit
  2. a) Produkt schöpferischer Arbeit
    b) Gesamtheit dessen, was jemand in schöpferischer Arbeit hervorgebracht hat

Wobei 1. es wahrscheinlich etwas besser beschreibt. Wenn ich hier von einem Werk schreibe, schliesst das viel ein. Es kann ein Gemälde, ein Lied, ein Buch, ein Film oder Serie sein. Andererseits kann es auch eine Idee, Ideologie oder aber eine Erfindung wie ein Medikament oder eine Maschine sein. Es kann noch abstrakter werden. Ich würde ebenso ein Gesetz oder eine Verfassung als Werk bezeichnen.

Defintion von Grösse – oder 3 Beweise für meine These

  1. Ist ein Werk einmal publik, gehört es allen
  2. Werke überleben ihre Urheber
  3. Urheber müssen nicht hinter ihrem Werk stehen, damit es Erfolg hat

Internetpiraten werden mir bei I. bestimmt sofort zustimmen, ein Patentanwalt wahrscheinlich weniger – und ein Pharamkonzern schon gar nicht. Wenn wir aber die Funktion der Zeit auf ein Werk anweden, wird Beweis I. sich sofort bekräftigen lassen. Vielleicht gab es mal einen Menschen, der sowas wie ein Patent auf das Rad hatte. Es interessiert uns aber alle nicht mehr. Das Konzept des Rades gehört allen. Sogar die Patente von Pharamakonzernen laufen früher oder später ab und sogenannte Generikas kommen auf den Markt.

Der grössere Kritikpunkt ist: Wieso sollte die Zeit ein Werk nicht einfach vergessen? Dazu muss ich sagen, das kann tatsächlich passieren. Voraussatzung für Beweis II. ist deshalb:

Das Werk ist nutzvoll.

Wobei nutzvoll grosszügig viel einschliesst. Vielleicht ist das Werk praktisch für den Alltag, macht einen Prozess effizienter, löst ein Problem. Vielleicht erweckt das Werk aber Emotionen bei seinem Publikum oder ist einfach unterhaltend.
Wenn ein Werk also ein gewisses Publikum erreicht und dieses es als nutzvoll auszeichnet, wird das Werk seinen Urheber überleben. Und selbst wenn das Werk in seiner ursprünglichen Form im Laufe der Zeit vergessen geht, lebt es doch in Abwandlungen in weiteren Werken weiter.

Ein Umstand, den wir, denke ich, uns oft nicht so bewusst sind:

Einmal geschaffen, haben Urheber zunehmend weniger Kontrolle über ihre Schöpfung.

Genauso wie Dr. Frankenstein wenig Kontrolle über sein geschaffenes Monstrum hatte, hatte Mary Shelley wenig Kontrolle darüber, wie ihre neue skurrile Geschichte die nächste Generation der Schriftsteller beeinflussen würde. Das Ergebnis war ein gänzlich neues Genre namens Science-Ficiton, das mich und viele andere bis heute begeistert.

Ein ähnliches berühmtes Beispiel, das Beweis III. bekräftigt, finden wir in der Physik. Albert Einstein sagte einst:

“Die Einführung der kosmologischen Konstante war mein grösster Fehler.”

Denn als Einstein diese einführte, gingen Physiker von der Theorie eines statischen Universums aus. Die von Einstein geschaffene Feldgleichung trug dieser Theorie durch die kosmologische Feldkonstante Rechnung. Als man später rausfand, dass das Unviersum expandiert, bezeichnete er seine Konstante als den genannten Fehler. Dabei vermutete man aber eine kontinuierliche Expansion. Allerdings ist die aktuell naheliegendste Theorie, dass die Expansion des Universums sich bechleunigt, was wiederum ein starkes Argument für die kosmologische Konstante ist.

Ein berühmteres Beispiel aus jüngerer Zeit ist Flappy Birds, ein simples Game für iPhone-User, bei dem man versucht einen kleinen Vogel durch Hindernisse zu navigieren. Viele Gamer hatten eine Hass-Liebe zum Spiel entwickelt. Den Hass bekam definitv auch der Entwickler zu spüren, sodass er wenige Monate nach dem Release entschloss, das Spiel vom Apple Store zurückzuziehen. War er erfolgreich? Nicht wirklich.  Obwohl der Hype um das Game irgendwann nachliess, ist das Spiel bspw. ohne Probleme noch auf dieser Website spielbar und Games im selben Format gibt es mittlerweile zahlreiche.

Stillt das Ego

Ich finde den Gedanken, dass Werke grösser als ihre Urheber sind, sehr entlastend, ernüchternd und zugleich aber auch antreibend. Erstaunlich denke ich, dass es all das zusammen ist. Es ist eine äusserst ausgeglichene Komibination an Emotionen, die es – zumindest in mir – hervorruft.
Diese Behauptung von mir “Werke sind grösser als ihre Urheber”, hebt für mich wunderbar hervor, dass schlussendlich nicht wir als Individuen gemessen werden – auch nicht werden wir an unseren Werken gemessen. Die Werke werden für sich gemessen. Diese Realisierungt hilft mir zu guter Letzt mich auf das zu konzentrieren, was für uns Menschen zählt:

Uns gegenseitig in unserem Leben durch die Kreation von Werke zu unterstützen und voranzutreiben – oder auch zu beglücken.